Vollformat oder Crop-Faktor – wo liegen die Unterschiede und Vorteile?
Immer mehr Menschen finden die Liebe zur Fotografie und wollen sich Ihre erste Digitalkamera kaufen. Oft werde ich in meinen Fotokursen gefragt, welches wohl der beste Einstieg in die digitale Fotografie wäre. Vollformat oder doch lieber eine kleine DSLR mit APS-C Sensor. So einfach kann man diese Frage leider nicht beantworten. Die Unterschiede liegen im Detail. Nicht zuletzt entscheidet oft der große Preisunterschied zwischen beiden Formaten. Sicher bietet eine digitale Spiegelreflexkamera wie die Canon EOS 6D oder die Canon EOS 5D Mark 3 die Vorteile, dass die Bilder nicht so stark rauschen, der Bildwinkel gegenüber einer Kamera mit APS-Sensor etwas größer ist, doch nicht immer sind diese Vorteile für jeden Fotografen interessant.
Woher stammt der Begriff Vollformat bzw. was ist das?
Vor der digitalen Fotografie, welche erstmals auf der Photokina in Köln 1992 von den größten Kameraherstellern, wie Sony und Kodak vorgestellt wurde, fotografierte man ausschließlich auf analogem Film. Die Kapazität eines solchen Films reichte von 24-36 Bildern. Dann musste man den Film in ein Labor schicken und diesen durch ein chemisches Entwicklungsverfahren entwickeln lassen. Die meisten von uns kennen dies nur noch aus den Erzählungen älterer Fotografen. Die Negative, die aus den Filmen hergestellt wurden, hatten die Abmessung 24×36 mm. Bei digitalen Vollformatkameras ist der Sensor ebenfalls 24×36 mm groß und schon wurde der Begriff Vollformat geboren. Erst relativ spät, nämlich um die Jahrtausendwende (2000) entschied man sich auch in der digitalen Fotografie für die ersten digitalen Spiegelreflexkameras mit einem Vollformatsensor.
Welche Kameras sind typische Vollformatkameras?
Canon:
- Canon EOS 5D, EOS 5D Mark 2, EOS 5D Mark 3, EOS 1DS Mark 2, EOS 1DS Mark 3,
Nikon
- Nikon D600, D610, D700, D800/E, D3X, D3S, D4, D4S
Sony
- Sony Alpha 7, Sony Alpha 7R, Alpha 900, 850, 99, RX, RX1R, uvm.
Die Vorteile der Vollformatkameras im Überblick:
- wesentlich geringeres Bildrauschen
- mehr Detailreichtum, Brillanz und Dynamik durch höhere Auflösung
- kein Umrechnen der wahren Brennweite
- größere Abzüge in der Vergrößerung möglich
Das geringere Bildrauschen einer Vollformatkamera
Bedingt durch den größeren Sensor der Vollformatkameras sind natürlich auch die einzelnen Bildpixel etwas größer, was es ermöglicht auch bei sehr schwachem Umgebungslicht mit schnellen Verschlusszeiten zu fotografieren. Dies verringert natürlich das Bildrauschen im Foto selbst. Das Bildrauschen wird durch höhere ISO-Werte verstärkt. Deshalb sagt man, dass man die ISO-Zahl so gering wie möglich und so hoch wie nötig wählen sollte.
Mehr Details und Bildinformationen beim Vollformat?
Bedingt durch die größere Bauart des Sensors einer Vollformatkamera, können natürlich auch wesentlich mehr Details und Bildinformationen gespeichert werden.
Keine Umrechnung der wahren Brennweite eines Objektives durch den Crop-Faktor
Die Kamerahersteller haben mittlerweile Objektive mit unterschiedlichen Bajonetten, wie zum Beispiel bei Canon das EF-S und das EF-Bajonett im Sortiment. Das EF-S Bajonett kann nur an EOS-Kameras ohne Vollformatsensor genutzt werden. Es hat auf der Objektivseite eine tiefere Bauweise, weslhalb es an Vollformatkameras, wie der Canon EOS 5D Mark3 nicht genutzt werden kann. Der Spiegel würde immer gegen das Objektiv schlagen. EF-Objektive können hingegen auf beiden Serien genutzt werden. Beide Objektivserien sind auf das jeweilige Sensorformat abgestimmt. Eines jedoch haben beide gemeinsam. Die Angabe der Brennweite auf dem Objektiv. Diese ist immer für das Vollformat angegeben. Bei kleineren Sensoren ist die Brennweite ebenfalls die wahre Brennweite, jedoch muss man den Crop-Faktor multiplizieren und somit wird der Bildausschnitt etwas kleiner als am Vollformat.
Beispiel:
50mm Brennweite an einer Vollformatkamera zeigen an einer Kamera mit einem Crop–Faktor von 1,6 einen Bildausschnitt wie ein Objektiv mit einer Brennweite von 80mm an einer Kamera mit Vollformatsensor.
Bei Vollformat sind größerer Bildvergrößerungen möglich.
Das stimmt natürlich. Da das Originalbild bei einer Vollformatkamera wesentlich mehr Bildinformationen enthält, sind natürlich größere Abzüge möglich. Auch muss das Bild nur um einen geringeren Faktor vergrößert werden, (größere Originalgröße 24x36mm) um große Abzüge zu erhalten.
Welche Nachteile beinhalten Bilder im Vollformat?
Natürlich gibt es auch einige Nachteile auf der Seite der Vollformatkamera. Zum Ersten sind die Anschaffungskosten für solche Kameras oft wesentlich höher. Auch die Objektive kosten sehr viel Geld. Beides Faktoren, welche sicher nicht uninteressant sind. Jedoch, wenn ich als Fotograf höchste Ansprüche an meine Bildqualität stelle, dann komme ich irgendwann um den Kauf einer Kamera mit Vollformatsensor nicht mehr herum. Die Bilddateien sind natürlich auch größer, was bei den sinkenden Preisen für Speicherkarten (SD und CF) meiner Meinung nach zu vernachlässigen ist.
Mein Fazit zur Vollformatkamera bzw. zum Vollformatsensor
Ich fotografiere aktuell mit einer Canon EOS 5D Mark 3 im Vollformat und ich möchte die Bildqualität dieser DSLR–Kamera und somit natürlich des Sensors nie wieder missen. Wir machen Abzüge auf Leinwand mit Abmessungen von 1,80m x 1,20m und man sieht kaum ein Korn. Die Bilder sind glockenklar und zeigen jedes noch so kleine Detail. Natürlich müssen solche Vergrößerungen auch einem speziellen Schärfeverfahren unterzogen werden.
Die Investition von mehreren Tausend Euro für eine Vollformatkamera mit passenden Objektiven lohnt sich meiner Meinung nach nur für Fotografen mit professionellen Ansprüchen. Wenn Sie einmal im Jahr im Urlaub ein paar schöne Bilder machen wollen oder auch mal eine Feier dokumentieren sollen, dann ist es sicher nicht empfehlenswert. Die heutigen DSLR-Kameras mit APS-Sensor weisen eine hervorragende Bildqualität auf, dass die meisten Fotografen im Amateurbereich nichts vermissen werden.