Hochfrontales Licht in der Portraitfotografie als Gestaltungsmittel im Fotostudio
Sehr viele Fotografen versuchen im Fotostudio immer mit so vielen Leuchten bzw. Blitzgeräten, wie nur möglich, zu arbeiten. Doch kaum einer weiß, was ein hochfrontales Licht ist. Ich nutze es gerade in der Portraitfotografie oft. Es wirkt sehr natürlich, mit mehr Kontrast und erlaubt einen flexiblen schnellen Aufbau. Mit nur wenigen Handgriffen kann man ein Rembrandtlicht schaffen, welches sehr ausdruckstark ist und perfekt zur Schwarz-Weiß Portraitfotografie passt.
Welches Fotoequipment wird für das hochfrontale Licht benötigt?
- digitale Spiegelreflexkamera (DSLR)
- ein Dauerlicht oder noch besser ein Studioblitzgerät
- ein Lichtformer, wie den Beautydish mit Diffusor
- evtl. Wabe für den Beautydish
- ein Galgenstativ
- ein Aufheller (Faltreflektor oder Styroporplatte)
- ein Reflektorhalter (Styrogabel)
- grauer oder schwarzer Hintergrund.
Mein verwendetes Fotoequipment im Detail
Kamera und Objektiv
Ich habe für das Shooting mit Cindy, meine Canon EOS 5DSR (Vollformat 50MP) verwendet. Bei der Brennweite entschied ich mich für das Canon EF 24-70mm 1:4,0 L IS USM. Durch die kleine Blende 5,6 bekam ich eine sehr geringe Schärfentiefe, die allerdings noch ausreichte, um das Gesicht in Schärfe zu halten. Normalerweise fotografiere ich im Studio sehr gern mit dem SIGMA ART 50mm 1:1,4, doch wäre hier die Schärfentiefe doch zu gering gewesen. Die Verschlusszeit lag bei 1/250 s.
Die Studioblitzanlage
Als Studioblitz habe ich mich für den Profoto D2 entschieden. Das ist ein TTL-fähiges Studioblitzgerät von Profoto, welches sogar HSS unterstützt und mit max. 1:64000s abbrennt. Damit sind Aufnahmen selbst mit einer Verschlusszeit von 1/8000 problemlos möglich. Die Aufladezeiten liegen bei 0,03-0,6s und für Sportmotive sind bis zu 20 Bilder pro Sekunde möglich.
Der Lichtformer
Als Lichtformer habe ich einen Beautydish in silber mit Diffusor genutzt. Durchmesser 56 cm. Hier nutze ich keinen von Profoto, sondern von Calumet. Dieser ist genauso gut und kostet nur einen Bruchteil des Originals.
Aufheller und Zubehör
Zum Aufhellen von unten (Gesichtspartie, Kinn und Hals) nutze ich sehr gern eine ganz normale weiße Styroporplatte aus dem Baumarkt auf einem verstellbaren Keyboard Ständer. Die weiße Styro erzeugt ein sehr weiches Licht und wirkt nicht so stark wie ein silberfarbener Faltreflektor.
Stativ und Co
Im Fotostudio versuche ich meist mit dem Galgenstativ, zu arbeiten. Es erlaubt eine Platzierung direkt über dem Fotografen und ich kann normal fotografieren, ohne das Stativ direkt vor der Linse zu haben. Mein Galgenstativ kommt von der Firma Manfrotto und ist recht schwer, denn es ist aus Edelstahl. Preislich bekommt man dieses Stativ ab ca. 250 €. Man sollte unbedingt darauf achten, ein nicht zu leichtes Stativ zu kaufen, da dann der Blitzkopf direkt befestigt und ausgefahren sonst schnell kippen kann. Das passiert bei dem Galgenstativ von Manfrotto nicht. Außerdem habe ich noch ein 5 kg Bleigewicht als Ausgleich zum Ausleger am Galgen befestigt.
Hintergrund
Der verwendete Hintergrund im Fotostudio war der Calumet (ich glaube, das ist Savage) in Dunklem grau als Papierhintergrund.
Belichtungsmessung im Fotostudio
Ich gehöre noch zu den Fotografen, die im Studio nichts dem Zufall überlassen wollen. Erst recht nicht, wenn es um die Belichtung geht. Deshalb nutze ich da einen Gossen Digisky. Er erlaubt Licht- und Objektmessung und hilft entscheidend bei der Kontrastmessung der einzelnen Blitzgeräte. So spart man sich jede Menge Zeit und sinnlose Testaufnahmen. Im Studio lege ich als Erstes die Grundbelichtung ohne Blitzgeräte fest. Dabei ist eine Belichtung zu wählen, bei der das Motiv gerade beginnt sich auf dem Display, zu zeigen. Legt dabei bitte gleich die Blende fest mit der Ihr arbeiten wollt. Nun schaltet ihr das Blitzgerät ein und regelt die Stärke manuell, sodass das Portrait dann gut belichtet ist. Der Hintergrund zeigt sich durch diese Technik sehr dunkel. Sollte er noch zu hell sein, so erhöht einfach den Abstand zwischen Motiv und Hintergrund. Bei mir lag der Abstand ca. bei 2m.
Tethershooting direkt in den iMac
Damit ich von Beginn der ersten Aufnahme die größte Kontrolle über meine Bilder habe, nutze ich dafür immer die Tetherfunktion von Capture One. Lightroom bietet diese Möglichkeit auch, allerdings ist Lightroom nicht ganz so stark im Bedienungsumfang und auch nicht in der Retusche. Vor allem nicht in den Hauttönen. Beim Tethershooting wird die Kamera direkt mit dem PC / Mac per USB-Kabel verbunden und jedes gemachte Bild ist dann auf dem Bildschirm zu sehen. Mehr Kontrolle kann es nicht geben. Meist verbinden wir auch noch unser iPad mit Capture One (per App) und brauchen uns dann nicht mal mehr zum Rechner zu drehen, um die Bilder zu sehen.
Meine Einstellungen in der Kamera
Meine Kameraeinstellungen waren folgende:
- Programmwahl auf M (manueller Modus)
- ISO 100
- Weißabgleich auf Blitz
- Blende 5,6 und 1/250s als Verschlusszeit
- Bildstabilisator habe ich im Studio immer deaktiviert, da er hier nicht für scharfe Bilder sorgt, sondern nicht selten sogar für verwackelte Bilder
- RAW-Format
- Bildstil auf monochrom
Normalerweise nehme ich für meinen späteren Weißabgleich das erste finale Bild mit einer Graukarte vor dem Motiv auf. Diesmal habe ich es schlicht vergessen ???? und machte den Weißabgleich in Capture One dann im Augenweiß von Cindy. Diese Ersatzmessung liegt oft richtig und ist stets zur Hand. ????
Warum stelle ich den Bildstil wenn ich in RAW fotografiere auf Schwarzweiß?
Die Frage ist sicher berechtigt, denn weshalb sollte man im RAW auf monochrom stellen, wenn es doch nach dem Import wieder ein Farbbild ist? Die Lösung ist denkbar einfach. Dadurch, dass ich beim Fotografieren mein Bild in Schwarz-Weiß sehe, kann ich viel besser die Kontraste beurteilen und so schneller während der Aufnahme schon bei der Farbwahl der Bekleidung darauf Einfluss nehmen. So spare ich mir Zeit in der Nachbearbeitung.
Der Shootingablauf im Detail
Der Beleuchtungsaufbau
Der Aufbau ist an sich sehr einfach und simpel. Ich platziere mein Model ca. 2 m vor meinem grauen Hintergrund auf einem Hocker. Der Blick ist direkt in die Kamera gerichtet. Die Augen sollten auf einer Schärfenebene liegen, denn durch die kleine Blende ist die Schärfentiefe so gering, dass eventuell ein Auge außerhalb der Schärfenebene liegen könnte (wenn der Kopf gedreht ist).
Mein Blitzgerät (500Ws) platziere ich auf dem Galgenstativ direkt vor dem Model und von oben kommenden in ca. 45°. Dabei ist darauf zu achten, dass das Spitzlicht im Auge gut zu erkennen ist und nicht zu klein abgebildet wird. Der Beautydish sorgt dabei für ein sehr rundes Augenlicht. Dieser Aufbau eignet sich auch sehr gut für die Passbildfotografie, wenn man Brillenträger fotografieren muss. Durch die Platzierung oberhalb des Portraits wirkt das Licht sehr harmonisch und natürlich.
Das Blitzlicht sorgt jedoch nun für einen leichten Augen-, Nasen- und Kinnschatten, der beim Portrait schnell zu kontrastreich wirkt. Deshalb habe ich direkt vor dem Modell meinen Aufheller auf dem Keyboardständer positioniert. Leicht geneigt zum Portrait sorgt die Styroplatte für eine leichte, gleichmäßige und vor allem weiche Aufhellung. Ihr müsst relativ nah ans Motiv mit der Platte herangehen, da das Reflexionsvermögen nicht ganz so groß ist. Außerdem ist darauf zu achten, dass der Aufheller ebenfalls einen Augenreflex hinterlässt. Auf keinen Fall sollte sich dieser Reflex mit dem Spitzlicht des Blitzes im Auge verbinden.
WICHTIG!
Bei niedrigen Räumhöhen ist unbedingt darauf zu achten, dass die Decke abgedunkelt wird, (zum Beispiel mit dunklen Platten) dass nicht noch eine starke Aufhellung von oben entsteht.
Die Perspektive
Bei der Wahl der Kameraperspektive empfehle ich direkt auf Augenhöhe des Modells zu shooten. Der direkte Blick in die Kamera gibt dem Bild etwas sehr Intimes und wenn das Bild einmal an der Wand hängt, verfolgt dich der Blick unweigerlich. Manche mussten diese Bilder schon aus dem Schlafzimmer verbannen, da sie sich beobachtet fühlten.????
Shooting in 5 Minuten Blöcken
Ich versuche, wenn alles steht immer in 5 Minuten Blöcken zu shooten und nur meine Anweisungen durch das Objektiv zu geben. So entstehen mehr Aufnahmen und ganz sicher ist da auch eine dabei, welche perfekt ist. Nach jedem Block bespreche ich die Aufnahmen kurz mit dem Modell, so entscheiden wir gemeinsam, was geändert werden könnte.
Die Nachbearbeitung in Capture One und Adobe Photoshop
Meine Bildbearbeitung beginnt mit der RAW-Entwicklung in Capture One oder Lightroom. In diesem Fall entschied ich mich für Capture One, da hier die Farbanpassung gerade bei Portraitaufnahmen sehr gut ist. Anschließend gebe ich meine fertig entwickelten RAW`s an Photoshop weiter für das Finish. Bei Cindy habe ich kleinere Hautrötungen entfernt, die Haut ein wenig weicher gemacht und die Augen zum Leuchten gebracht. Manche Projekte ziehen sich ein wenig, da eine gute Hautretusche Zeit braucht. Ich arbeite sehr viel mit Dodge an Burn Techniken und mit meinem Grafiktablett von Wacom. Zum Schluss musste ich die Bilder nur noch für die Anzeige schärfen und einen Bildlook drüberlegen.
Fazit
Das hochfrontale Licht eignet sich sehr gut für kontrastreiche Headshots. Hierbei nutze ich sehr gern den Beautydish mit Diffusor als Lichtformer für Frauen. Bei Männern darf es auch mal ein wenig härteres Licht sein. Es ist ideal für Low-key-Aufnahmen. Es ist leicht nachzumachen und man kann nicht sehr viel falsch machen.
Ich hoffe, ich konnte euch damit einen kleinen Einblick in meine Arbeitsweise im Studio geben. Vielleicht macht ihr den Aufbau einfach mal nach. Gern zeige ich dann eure fertigen Ergebnisse auch bei uns auf der Seite.
Wenn ihr euern eigenen Workflow im Studio vertiefen wollt oder noch mehr über die Studioarbeit erfahren möchtet, dann meldet euch einfach zu einem meiner zahlreichen Workshops an. So bleiben keine Fragen mehr offen.
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Zu meinen Workshops im Detail:
- Adobe Lightroom
- Adobe Lightroom special Portrait
- Studiofotografie für Einsteiger
- Beautyretusche, Dodge and Burn in Photoshop CC
- entfesselt Blitzen mit Aufsteckblitzen
- Einzelcoaching der Fotografie